Harun Farocki Retrospektive

Kino Arsenal

Nacheinander: 1982 bis 1992

Nebeneinander: Bildarbeit zwischen Produktion und Destruktion

 

Eintritt: Kinokarte (€ 7,50; Mitglieder Arsenal und n.b.k.: € 5)

> Kino Arsenal, Potsdamer Straße 2, 10785 Berlin

 

 

21. Oktober 2017

16.00

Ost-West: Gespräch mit Heiner Müller (Regie: Harun Farocki, 1981, 10 min)

Anfang der 1980er Jahre publizierte Harun Farocki ein ausführliches Gespräch mit Heiner Müller in der Zeitschrift „Filmkritik“. Kaum bekannt ist, dass unter dem Titel Ost-West 1981 ein Teil dieses Gesprächs in der Fernsehsendung „Kino '81“ ausgestrahlt wurde. Noch weniger bekannt ist die Fernsehfassung der Inszenierung von Müllers Stück Die Schlacht. Szenen aus Deutschland (1976), die Farocki gemeinsam mit Hanns Zischler im gleichen Jahr in Basel auf die Theaterbühne brachte.

 

Etwas wird sichtbar (Regie: Harun Farocki, 1982, OmE, 114 min)

Ein Liebespaar, Anna und Robert, in Berlin, Bilder vom Krieg in Vietnam und die Verbindungen zwischen beiden. „Farocki de- und rekonstruiert diese Bilder des Vietnamkriegs. Einerseits unterziehen Anna und Robert diese Bilder einer kritischen Neu-Lektüre. Andererseits inszeniert er einige der bekanntesten Bilder aus Vietnam neu und macht diese hundertfach reproduzierten Bilder wieder les- und wahrnehmbar.“ (Tilman Baumgärtel)

 

Etwas wird sichtbar will nicht erklären, warum ein Krieg in einem so fernen Land wie in Vietnam einen Moment lang überspringen konnte auf die ganze westliche Welt. Er handelt von Distanzen, von Beziehungen zwischen. Er erklärt auch nicht, er erinnert nur daran, dass nie zuvor ein Krieg derart massiv gecovert wurde. Aber es wäre schon zu viel, zu sagen, dass die Bilder seinen Verlauf mitbestimmt hätten. Er zeigt die Nachwehen, die Kriegseffekte. Er kombiniert ein historisches Motiv mit einem romantischen. Vietnam und ein Liebespaar.“ (Frieda Grafe)

 

Ronny und Harun spielen Theater (Regie: Harun Farocki, 1982, 6 min)

Als Guerilla-Werbeaktion spielten Harun Farocki und der Schauspieler Ronny Tanner eine kurze Szene aus Etwas wird sichtbar im Foyer des Delphi-Kinos.

 

 

18.30

Kurzfilme von Peter Weiss. Vorgestellt von Harun Farocki (Regie: Harun Farocki, 1982, 87 min)

Harun Farocki zeigt Kurzfilme von Peter Weiss und liest daneben im Kerzenschein seine Texte zu den Filmen.

 

 

20.30

Militarisierung des Blicks

Bilder der Welt und Inschrift des Krieges (Regie: Harun Farocki, 1988, OmE, 75 min)

Bilder der Welt und Inschrift des Krieges ist eine Reflexion über den doppeldeutigen Begriff der Aufklärung, dem Harun Farocki sich aus verschiedenen Perspektiven nähert, über die Technik, die unser Sehen bestimmt und die Bedingungen der Wahrnehmung.

 

Wie kaum ein anderer Film bereitet Bilder der Welt und Inschrift des Krieges die Zuschauer*innen auf ihre stärker werdende Komplizenschaft mit Bildern als operative Mittel der Kriegsführung vor, der nur mit der kritischen Infragestellung der Beweiskraft des Bildes begegnet werden kann. Anhand bereits bestehender Bilder dokumentiert Farocki eine „terroristische Ästhetik“ (Paul Virilio) des optischen Reizes, die heute auf den Kontrollbildschirmen wie auch im Fernsehen mit dem eingestandenen Ziel erscheint, so wie zu Kriegszeiten den Beobachter oder Zuseher entweder zum Komplizen oder auch zum potentiellen Opfer zu machen.

 

Anschließend Gespräch mit Christa Blümlinger (Prof. Filmwissenschaften, Université Paris 8 Vincennes-Saint-Denis) und Nora M. Alter (Prof. Film und Medienkunst, Temple University, Philadelphia)

 

 

22. Oktober 2017

16.00

Ein Bild (Regie: Harun Farocki, 1983, OmE, 25 min)

Ein Bild dokumentiert kommentarlos die Produktion eines Pin-Up-Bildes für den „Playboy“ in einem Fotostudio. Das nackte Model wird auf einem Podest drapiert, immer wieder neu frisiert und geschminkt; eine sorgfältige, konzentrierte Arbeit an der Illusion.

 

Arbeiten zu „Klassenverhältnisse“ von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub (Regie: Harun Farocki, 1983, 65 min)

Eine Beobachtung der Arbeit eines Regie-Paars, Jean-Marie Straub und Danièle Huillet. Eine Probe mit Harun Farocki selbst in der Rolle des Delamarche in der Form einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Text.

 

 

18.00

L’Argent“ von Bresson (Regie: Hartmut Bitomsky, Manfred Blank, Harun Farocki, 1983, 30 min)

Zusammen mit anderen Autor*innen der Zeitschrift „Filmkritik“ kommentiert Harun Farocki Robert Bressons Film L’Argent.

 

Peter Lorre – Das doppelte Gesicht (Regie: Harun Farocki, Felix Hofmann, 1984, 59 min)

Ausgehend von Lorres Gesicht analysiert Harun Farocki präzise die wechselhafte Karriere Peter Lorres. Die Betrachtung von Fotos und Filmausschnitten setzt Gedankengänge in Bewegung, zeichnet seine Biografie von den Anfängen am Theater bis zur Emigration in die USA und der Karriere in Hollywood nach.

 

 

20.00

Betrogen (Regie: Harun Farocki, 1985, 99 min)

Betrogen ist Harun Farockis einziger Spielfilm. Inspiriert von einer Zeitungsmeldung erzählt er von enttäuschter Liebe, Schwindel und (Selbst-)Betrug, von einem Mann, der seine Frau mit dem Auto überfährt, und dessen Schwester dies als Chance sieht, vor ihrem eigenen Leben die Flucht zu ergreifen und an die Stelle der Schwester zu treten.

 

 

 

23. Oktober 2017

20.30

Bausteine produzieren

Transport 1 und 2 (Regie: Harun Farocki, 1973, 6 min)

In Transport geht es auf spielerische Weise um die Effizienzsteigerung beim Transport eines wichtigen Baustoffs.

 

Zum Vergleich (Regie: Harun Farocki, 2009, 61 min)

In Zum Vergleich erzeugt Harun Farocki einen subjektiven kinematografischen Atlas von Arbeitsprozessen anhand von Ziegelbaustellen in Indien, der Schweiz, Burkina Faso, Frankreich und anderen Orten. Handarbeit. Industriearbeit. Computerarbeit. Ohne Kommentar. Eine globale Zeitgeschichte der Ziegelproduktion.

 

Anschließend Gespräch mit Jean-Pierre Bekolo (Filmemacher)

 

 

24. Oktober 2017

19.00

Huillet / Straub (1)

Filmtip: Der Tod des Empedokles (Regie: Harun Farocki 1987, 7 min)

Im Filmtip: Der Tod des Empedokles spricht Harun Farocki mit Andreas von Rauch, dem Darsteller des Empedokles im Film von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet sozusagen von Kollege zu Kollege. Denn in Arbeiten zu „Klassenverhältnisse“ (1983) von Huillet/Straub tritt Farocki als Schauspieler in der Rolle des Delamarche auf. Die Zusammenarbeit lässt sich als weitere Form des Lernens und Arbeitens mit Bildern verstehen. Dieser Film ist nicht nur ein Selbstporträt, sondern auch eine Hommage an Jean-Marie Straub – Farockis Vorbild, Kollegen und Freund – und eine Dokumentation einer ungewöhnlich detailversessenen Inszenierungstechnik und Schauspielerführung. Damit filmte Farocki eine Arbeit des Widerstands gegen das traditionelle Kino, gegen das er sich auch mit seinen eigenen Filmen positionierte.

 

Arbeiten zu „Klassenverhältnisse“ von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub (Regie: Harun Farocki, 1983, 65 min)

In Arbeiten zu „Klassenverhältnisse“ (1983) von Huillet/Straub tritt Farocki als Schauspieler in der Rolle des Delamarche auf. Die Zusammenarbeit lässt sich als weitere Form des Lernens und Arbeitens mit Bildern verstehen. Dieser Film ist nicht nur ein Selbstporträt, sondern auch eine Hommage an Jean-Marie Straub – Farockis Vorbild, Kollegen und Freund – und eine Dokumentation einer ungewöhnlich detailversessenen Inszenierungstechnik und Schauspielerführung. Damit filmte Farocki eine Arbeit des Widerstands gegen das traditionelle Kino, gegen das er sich auch mit seinen eigenen Filmen positionierte. 

 

Anschließend Gespräch mit Constanze Ruhm (Videokünstlerin, Wien und Berlin) und Christine Lang (Filmemacherin, Kulturwissenschaftlerin und Dramaturgin, Berlin) sowie mit Rembert Hüser (Prof. Medienwissenschaft Goethe Universität, Frankfurt am Main), Barton Byg (Gründungsdirektor DEFA Film Library, University of Massachussetts, Amherst) und Manfred Blank (Filmemacher, Berlin)

 

 

25. Oktober 2017

20.00

Filmtip: Tee im Harem des Archimedes (Regie: Harun Farocki, 1985, 7 min)

Eine kurze Einführung und Kritik zu Mehdi Charefs Film.

 

Filmbücher (Regie: Harun Farocki, 1986, OmE, 15 min)

Eine Rezension alter und neuer Bücher als Beitrag für die Fernsehreihe „Kino ’86“.

 

Wie man sieht (Regie: Harun Farocki, 1986, OmE, 72 min)

Zwei Motive ziehen sich durch den Film: die Kreuzung und das Gewebe. „Es geht um Wegkreuzungen und Stadtbildung, Maschinengewehr mit Handkurbel und Maschinengewehr mit Rückstoß, Trassierung der Autobahn im nationalsozialistischen Deutschland und in der BRD, das Straßenentwerfen und Tierezerlegen, Schlachtenbilder von oben und von unten, die Geburt der Rechenmaschine aus der Weberei.“ (Harun Farocki)

 

 

 

26. Oktober 2017

19.00

Schlagworte – Schlagbilder. Ein Gespräch mit Vilém Flusser (Regie: Harun Farocki, 1986, 13 min)

Ein in einem Café stattfindendes Gespräch zwischen Harun Farocki und Vilém Flusser über die Gestaltung der Titelseite der Bild-Zeitung.

 

Filmtip: Kuhle Wampe (Regie: Harun Farocki, 1986, 6 min)

Harun Farocki gibt eine Einführung in Slatan Dudows Film.

 

Die Schulung (Regie: Harun Farocki, 1987, OmE, 44 min)

Die Schulung beobachtet ein Seminar für leitende Angestellte. Verkaufstaktiken werden auf die eigene Person übertragen; im Einstudieren von Körpersprache, Gestik und Mimik finden Psychologie und moderner Kapitalismus zueinander.

 

Filmtip: Der Tod des Empedokles (Regie: Harun Farocki, 1987, 7 min)

Im Filmtip: Der Tod des Empedokles spricht Harun Farocki mit Andreas von Rauch, dem Darsteller des Empedokles im Film von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet sozusagen von Kollege zu Kollege. Denn in Arbeiten zu „Klassenverhältnisse“ (1983) von Huillet/Straub tritt Farocki als Schauspieler in der Rolle des Delamarche auf. Die Zusammenarbeit lässt sich als weitere Form des Lernens und Arbeitens mit Bildern verstehen. Dieser Film ist nicht nur ein Selbstporträt, sondern auch eine Hommage an Jean-Marie Straub – Farockis Vorbild, Kollegen und Freund – und eine Dokumentation einer ungewöhnlich detailversessenen Inszenierungstechnik und Schauspielerführung. Damit filmte Farocki eine Arbeit des Widerstands gegen das traditionelle Kino, gegen das er sich auch mit seinen eigenen Filmen positionierte.

 

Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen (Regie: Harun Farocki, 1987, 8 min)

Eine Verfilmung des gleichnamigen Gedichts von Georg Heym (1911).

 

 

21.00

Bilderkrieg (Regie: Harun Farocki, 1987, 44 min)

In der Fernsehproduktion denkt Harun Farocki über die militärische und polizeiliche Bedeutung des Wortes „Aufklärung“ nach. Er zeichnet die Entwicklung der fotografischen Mittel nach, derer sich die Aufklärung bedient und demonstriert ihre Deutungsmöglichkeiten.

 

Georg K. Glaser – Schriftsteller und Schmied (Regie: Harun Farocki, 1988, OmE, 44 min)

Eine geglückte Kombination von Handarbeit und Kopfarbeit – Handwerk und Schreiben – fand Harun Farocki in der Pariser Werkstatt von Georg Glaser, dem „Arbeiter-Schriftsteller“, der 1933 nach Frankreich flüchtete.

 

 

 

27. Oktober 2017

21.30

Bilder der Welt und Inschrift des Krieges (Regie: Harun Farocki, 1988, OmE, 75 min)

Bilder der Welt und Inschrift des Krieges ist eine Reflexion über den doppeldeutigen Begriff der Aufklärung, dem Harun Farocki sich aus verschiedenen Perspektiven nähert, über die Technik, die unser Sehen bestimmt und die Bedingungen der Wahrnehmung.

 

Wie kaum ein anderer Film bereitet Bilder der Welt und Inschrift des Krieges die Zuschauer*innen auf ihre stärker werdende Komplizenschaft mit Bildern als operative Mittel der Kriegsführung vor, der nur mit der kritischen Infragestellung der Beweiskraft des Bildes begegnet werden kann. Anhand bereits bestehender Bilder dokumentiert Farocki eine „terroristische Ästhetik“ (Paul Virilio) des optischen Reizes, die heute auf den Kontrollbildschirmen wie auch im Fernsehen mit dem eingestandenen Ziel erscheint, so wie zu Kriegszeiten den Beobachter oder Zuseher entweder zum Komplizen oder auch zum potentiellen Opfer zu machen.

 

 

 

28. Oktober 2017

20.00

Kinostadt Paris (Regie: Manfred Blank, Harun Farocki, 1988, 60 min)

Harun Farocki und Manfred Blank erkunden die Kino- und Bilderstadt Paris, von der Cinémathèque française bis zur damals neu gegründeten Vidéothèque de Paris. Nach der Sichtung von Magnetbändern auf einem Bildschirm sieht man die beiden an einem Café-Tisch einschlafen und Traumbilder aus einem elektronischen Bildarchiv mit Bildern von Godard verknüpfen.

 

Image und Umsatz oder: Wie kann man einen Schuh darstellen? (Regie: Harun Farocki, 1989, 52 min)

Wie wird ein Produkt inszeniert? Mit akribischem Interesse dokumentiert Harun Farocki alle Arbeitsschritte einer Werbekampagne für eine Schuhkollektion.

 

 

 

30. Oktober 2017

19.15

Leben BRD (Regie: Harun Farocki, 1990, OmE, 83 min)

In Unterrichtsstunden, Therapiegruppen und Gesprächskreisen wird für den Ernstfall geübt. In einer unkommentierten Parallelmontage erscheint das Leben in der Bundesrepublik als ein einziges Rollenspiel, in dem Erfahrung durch Simulation ersetzt wird.

 

 

21.00

Gegen-Musik

So long good-bye (Hörfunk / Radio, Harun Farocki, WDR 3, 1978, 47 min)

Musik spielt in Farockis Filmen weder eine begleitende noch eine dramatische Rolle, sondern sie taucht ebenso wie das Bild als Beobachtungsraum von Produktionsprozessen auf. So long good-bye (1978) ist ein Radio-Feature von Harun Farocki für den WDR, das die 18-stündige Produktion einer Disco-Single von drei Minuten Länge im April 1977 in den Hansa-Studios in Berlin dokumentierte, welche auf der Erfolgswelle von Boney M. und Donna Summer in die Plattenregale schwappen sollte. Zwei Jahre später geht Farocki erneut – nun mit der Kamera – ins Tonstudio, um die Produktion eines anderen Musikstücks für Single. Eine Schallplatte wird produziert (1979) zu dokumentieren.

 

Single. Eine Schallplatte wird produziert (Regie: Harun Farocki, 1979, OmE, 49 min)

Farocki beobachtet und dokumentiert die Einspielung eines dreiminütigen Popsongs in einem Plattenstudio. Sein Interesse an Arbeitsprozessen richtet sich auch auf die Kulturindustrie, in der Musikproduktion als arbeitsteiliger Prozess verstanden wird.

 

Anschließend Gespräch mit Antje Ehmann (Künstlerin und Kuratorin, Berlin) und Christine Lang (Filmemacherin, Kulturwissenschaftlerin und Dramaturgin, Berlin)

 

 

31. Oktober 2017

19.15

Was ist los? (Regie: Harun Farocki, 1991, 60 min)

„WER...? fragt Bresson und läßt antworten, es sei der Teufel möglicherweise. Ich frage WAS uns antreibt, denn der Teufel trüge heute Sportswear und hätte im linken Fuß einen Ermüdungsbruch. Hier in der Bundesrepublik ist viel los, marxistisch gesprochen: sterile Mehrwertproduktion. Lust ohne Ziel, ungeregelter Kreislauf, kein Motiv der Erlösung.“ (Harun Farocki)

 

 

21.15

Videogramme einer Revolution (Regie: Harun Farocki, A. Ujica, 1992, OmE, 106 min)

Bilder aus dem rumänischen Staatsfernsehen und von Videoamateuren werden zu einer Chronik der Revolution in Rumänien im Dezember 1989 kompiliert. Nicht nur die Bilder sind wichtig, auch ihre Perspektive auf das Geschehen.